Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

In Israel werden unangenehme Probleme gerne aufgeschoben. Doch irgendwann muss man sich diesen Problemen stellen, wenn man ein Überkochen der Situation vermeiden möchte.

Guten Morgen, liebe Leser!

Wenn ich auf das Thermometer schaue, fällt es mir schwer, zu glauben, dass wir heute den Monat Mai begonnen haben. Als ich kurz in unseren Garten ging, waren es gerade mal 14 Grad. Ziemlich kühl für die Zeit, denn in etwas mehr als anderthalb Monaten beginnt der Sommer.

Die Jahreszeiten scheinen sich etwas verschoben zu haben, alles kommt etwas später, als wir es gewohnt waren. Der Winter hat ja eigentlich auch erst im Januar begonnen und der letzte Sommer war endlos lang, sogar im November haben wir noch geschwitzt. Am Freitag soll es allerdings plötzlich sehr heiß werden, besonders hier in Modiin, wo wir uns auf 37 Grad vorbereiten können.

Ich würde gerne weiter über das Wetter schreiben, doch leider haben wir wichtigere Probleme, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.

Gestern Abend bin ich tatsächlich noch einmal in den Supermarkt gegangen, um weitere drei Liter Milch zu kaufen. Ich weiß, es klingt etwas hysterisch, dass ich wegen der angesagten Preiserhöhung meinen Kühlschrank mit Milchkartons verbaue, aber mich ärgert das enorm. In letter minute wurde die Preiserhöhung etwas gemildert und auf zwei Monate verteilt, sodass die Milch heute “nur” um einen halben Shekel teurer werden soll. Die andere Hälfte bekommen wir dann im Juni.

Die Preise für Milch und andere vom Staat kontrollierten Milchprodukte werden heute nur um 9 % ansteigen, dank einer Vereinbarung von Finanzminister Smotrich mit dem Landwirtschaftsministerium.

Naja, so richtig zufrieden kann ich über diese “Lösung” nicht sein. Unser Finanzminister wollte jetzt zeigen, wie sehr er sich im Kampf gegen die hohen Lebenshaltungskosten einsetzt. Doch in diesem Fall hat sich eigentlich nichts geändert, die vollständige Preiserhöhung wurde nur etwas verschoben. Wie sagt man? Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Das Aufschieben umstrittener oder unangenehmer Themen ist etwas, das hier bei uns in Israel immer wieder gerne gemacht wird. Ich muss dann immer an einen Topf mit kochendem Wasser denken. Wenn das Wasser dann kurz davorsteht, überzukochen, reicht es, ein paar Tropfen kaltes Wasser hineinzugießen, um die Lage wieder zu beruhigen. Das habe ich als Kind von meiner Mutter gelernt, wenn ich aufpassen sollte, dass der Topf mit den Kartoffeln nicht überkocht. Doch irgendwann muss man sich den Problemen stellen und zum Beispiel den Topf vom Feuer nehmen.

Zurzeit begnügt sich unsere Regierung damit, etwas kaltes Wasser in den Topf zu geben. Ihr versteht, was ich damit meine, oder?

Die Abendnachrichten begannen gestern auf allen Kanälen mit dem Problem der hohen Lebenshaltungskosten. Das lag auch daran, weil Ministerpräsident Netanjahu kurz vor Beginn der Nachrichten eine Pressekonferenz einberufen hatte, in der er zusammen mit seinem Finanzminister Smotrich ein neues Programm vorstellte, dass Eltern kleiner Kinder bei der Finanzierung der Kindertagesstätten helfen soll. Dies soll durch Steuervergünstigungen für arbeitende Eltern geschehen. In der Pressekonferenz fiel nicht ein einziges Word über die umstrittene Justizreform. Netanjahu wollte vielleicht zeigen, dass sich seine Regierung auch mit anderen Themen beschäftigt. Die Justizreform wurde bequemerweise erst einmal aufgeschoben. Ihr versteht ja jetzt, wie das gemacht wird, etwas kaltes Wasser in den kochenden Topf und alles ist gut.

Heute wird die Knesset wieder mit ihrer Arbeit beginnen. Das wichtigste Thema ist jetzt nicht die Justizreform, sonders der Staatshaushalt, der bis zum Monatsende verabschiedet werden muss. Sollte das nicht passieren, können wir wieder wählen gehen. In Anbetracht der letzten Umfrageergebnisse ist das das letzte, was die Regierung möchte.

Allerdings gehöre ich zu denen, die nicht sehr viel von Umfragen halten. Denn es ist bekannt, dass bei Umfragen nicht jeder die Wahrheit sagt. Besonders die Likudwähler lieben es, die Umfragen zu verwirren. Viele verraten niemandem, dass sie den Likud wählen. Eine traurige Wahrheit, aber Ihr seht ja, wieviel Hass es gegen die gibt, die angeblich die falsche Partei gewählt haben. Aber das ist ein anderes Thema.

Und zum Abschluss noch etwas Nettes. Gestern war der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, zu Besuch in Jerusalem und auch Gast in der Knesset. Am Abend gab es dann für ihn und seiner Delegation ein festliches Abendessen in der Knesset. Der Vorsitzende der Knesset und Gastgeber, Amir Ochana, begrüßte seine Gäste auf eine ganz besondere Weise:

Beeindruckend, oder?

So. jetzt wünsche ich Euch einen wunderbaren Montag. Später gibt es weitere aktuelle Nachrichten. Macht es gut. Shalom aus Israel!

In eigener Sache: Die Bereitstellung der täglichen Nachrichten zusammen mit den aktuellen Fotos sind mit hohen Kosten verbunden. Wenn Euch diese Seite gefällt und wichtig ist, würde ich mich für eine kleine monatliche Unterstützung freuen, um diese Seite weiter betreiben und verbessern zu können. Dafür könnt Ihr HIER klicken. Vielen Dank!



Kategorien:Aktuelles, Der Blog

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: