Trauer und Proteste

Während die Familien der Opfer des Terroranschlags vom Freitag um ihre Toten trauern, werden heute in Jerusalem Zehntausende zu einer Demonstration gegen die Justizreform erwartet.

Guten Morgen liebe Leser!

Immer wieder hatte ich in meinen Artikeln beschrieben, wie schnell wir Israelis in der Lage sind, nach einem Terroranschlag wieder zurück in unseren normalen Alltag zu finden. Denn wir haben keine andere Wahl, das Leben muss weitergehen und unsere normalen Probleme verschwinden nicht von alleine, wir müssen uns ihnen stellen. Doch ich gebe zu, dass es mir dieses Mal, nach der feigen Autoattacke am Freitag, schwerfällt, in meinen normalen Alltag zurückzukehren.

Nachdem ich meine Tochter zum Bahnhof gefahren hatte, wurde ich auf meiner Rückfahrt durch einen Bericht im Radio an den Anschlag vom Freitag erinnert. Die Mutter der beiden nur sechs und acht Jahre alten Brüder, die von dem Terroristen auf die grausamste Weise getötet wurden, erzählte, wie sie von dem Anschlag erfuhr und bis zuletzt hoffte, dass ihre Kinder nur verletzt seien. Doch als sie von einem anderen Sohn erfuhr, dass bei einem seiner Brüder noch am Tatort Wiederbelebungsversuche unternommen wurden, war ihr klar, dass nichts mehr so wein wird, wie es war.

Der zweite Bruder erlag schon am Freitag seinen schweren Verletzungen, doch die Familie gab dies erst nach Ende des Shabbats bekannt. Der Vater liegt unterdessen noch schwer verletzt im Hadassah Krankenhaus am Skopusberg. Nach einer Operation wurde er in ein künstliches Koma versetzt, um zu genesen. Er weiß noch nichts von der Katastrophe, die seine Familie heimgesucht hat. Er konnte sich noch nicht einmal von seinen beiden Kindern verabschieden. Die Mutter bat im Radio die Öffentlichkeit darum, für die Gesundheit ihres Mannes zu beten, damit er stark werden würde, um mit der neuen Realität fertigzuwerden.

Die trauernde Familie. Auf Hebräisch, aber die Bilder reichen aus, um die Trag;die zu verstehen. Noch bevor der schwer verletzte Vater für die Operation ins Koma versetzt wurde, fragte er nach seinen Söhnen, ihm wurde gesagt, dass es ihnen gut gehe. Die Realität ist leider anders.

In dem Radiobericht sprach auch eine junge Fahrerin eines Krankenwagens, die an den beiden Anschlägen in Jerusalem im Einsatz war, in Neve Jaakov vor zwei Wochen und jetzt wieder bei der Autoattacke im Stadtteil Ramot. Sie besuchte die Mutter der beiden Kinder, die jetzt Shiva sitzt. Shiva ist die siebentägige Trauerzeit (von dem hebräischen Wort Sheva, sieben, abstammend). Die Krankenwagenfahrerin erzählte, dass sie im Krankenhaus gesehen hatte, wie man versuchte, einen der kleinen Söhne wiederzubeleben. Sie nannte den Jungen einen kleinen Engel. Der Anblick schmerzte sie sehr und sie wollte unbedingt die Mutter der Kinder besuchen, um sie in dieser schweren Zeit zu trösten. Beim Zuhören dieses Berichts im Radio konnte ich meine Tränen nicht aufhalten. Ich denke, jeder, der Kinder hat, ist bei solchen Situationen besonders empfindlich. Es gibt wohl kaum etwas Schlimmeres, als ein Kind zu verlieren. Ich wünsche der Mutter und der ganzen Familie viel Kraft, mit dieser Tragödie leben zu können. Denn es stimmt, das Leben muss weitergehen. Die Terroristen werden es niemals schaffen, uns zu brechen.

Und nun zu einem anderen Thema, denn, wie gesagt, das Leben geht weiter und die alten Probleme verschwinden nicht von alleine. Für heute ist in Jerusalem eine große Demonstration gegen die Justizreform geplant, über die heute zum ersten Mal in der Knesset abgestimmt werden soll. Es werden mehrere zehntausend Demonstranten erwartet. Im privaten Sektor soll heute auch gestreikt werden, doch wie viele sich diesem Streik anschließend werden, ist noch nicht klar. Auch vor der Wohnung des Justizministers sah ich beim Vorbeifahren bereits ein paar Leute mit Schildern stehen. In den Nachrichten wurde berichtet, dass wieder Autokolonnen auf dem Weg nach Jerusalem seien. Mehr darüber und Bilder von der Demonstration wird es später geben.

Schon am Donnerstag blockierten Demonstranten die Schnellstraße (Straße1) nach Jerusalem. Auch jetzt sollen sie wieder auf dem Weg nach Jerusalem sein.
Demonstranten auf dem Weg zur Demonstration vor der Knesset in Jerusalem, heute Vormittag, Video: TPS

Es wird kein ruhiger Tag werden, das ist sicher. Und das nicht nur wegen der Proteste gegen die Justizreform. In der vergangenen Nacht wurden wieder Raketen vom Gazastreifen aus auf israelisches Gebiet abgefeuert. Der Iron Dome wehrte vier abgeschossenen Raketen ab. Und wie immer reagierte die israelische Armee mit Angriffen auf Ziele der Hamas. In den deutschen Medien werdet Ihr sicher wieder über einen israelischen Angriff auf den Gazastreifen lesen können.

Und jetzt wünsche ich Euch trotz allem einen angenehmen und ruhigen Tag. Später gibt es weitere aktuelle Meldungen und Bilder aus Israel. Bleibt dran, ich freue mich, Euch als Leser zu haben. Macht es gut. Shalom aus Israel!

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