Ein trauriger Sonntag

Was in deutschen Medien als “Schießerei in einer israelischen Siedlung” bezeichnet wurde, war für Jerusalem der schlimmste Terroranschlag seit zehn Jahren. Sieben Menschen wurden am Freitagabend ermordet.

Guten Morgen liebe Leser!

Das Wochenende hat uns wieder in die traurige israelische Realität zurückgebracht. Plötzlich bekommen unsere “normalen” Alltagsprobleme eine ganz andere Perspektive. Leider sind wir eben nicht ein Land wie jedes andere. Wir haben nicht nur mit hohen Preisen zu kämpfen, nein, Israel befinden sich auch heute, fast 75 Jahre nach seiner Gründung, im Kampf um das Recht, zu existieren. Und diesen Kampf können wir nur gemeinsam, vereint, gewinnen. Doch auch gestern demonstrierten die Gegner der neuen Regierung zu tausenden in Tel Aviv und anderen Städten. Zur selben Zeit wurden drei der insgesamt sieben Opfer des Terroranschlags in Jerusalem beigesetzt.

Unter den Opfern ist der erst 14 Jahre alte Asher Natan. Einfach nur traurig.

Der Anschlag ereignete sich im Stadtteil Neve Jaakov im Nordosten Jerusalems. Ich kenne diesen Stadtteil sehr gut, denn er befindet sich genau neben Pisgat Zeev, wo ich fast 20 Jahre lang gelebt habe. Als dieser Stadtteil noch neu war und es dort kaum Geschäfte gab, um etwas einzukaufen, habe ich meine Einkäufe oft in Neve Jaakov erledigt.

In der deutschen Tagesschau wurde der Stadtteil übrigens als “israelische Siedlung in Ost-Jerusalem” bezeichnet. Die sieben Opfer kamen der Tagesschau zufolge während einer “Schießerei” ums Leben. Es mag sein, dass diese Berichterstattung später etwas korrigiert wurde, aber ich kann trotzdem nur den Kopf schütteln bei dieser Art der Berichterstattung. Übrigens sei auch der Schütze während dieser Schießerei ums Leben gekommen. Grosses Kopfschütteln.

Und jetzt stellt sich die Frage, was Israel machen kann, um Anschläge wie diese zu verhindern. Der neue Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, begab sich, obwohl es Shabbat war, sofort zum Ort des Anschlags. Auch vor den Wahlen war er oft einer der ersten, die nach einem Anschlag vor Ort waren. Doch damals konnte er die Regierung für die Anschläge verantwortlich machen und sie beschuldigen, nicht genug für die Sicherheit der Bürger zu unternehmen. Jetzt ist er der Verantwortliche und muss beweisen, dass er der Richtige im Amt des Ministers für nationale Sicherheit ist. Das hat er auch selbst gesagt, während er versuchte, Überlebende des Anschlags zu trösten.

Jetzt muss sich unsere Regierung Gedanken darüber machen, wie sie gegen den Terror vorgehen kann. Darum wird es heute in der Kabinettssitzung gehen. Aber gibt es wirklich ein Mittel gegen diesen blinden Hass?

Ich sitze wieder im Zug auf dem Weg zur Arbeit. Obwohl es Sonntag ist und der Zug voll mit Soldaten ist, die auf dem Weg zu ihren Standorten sind, ist es total still. Die meisten sind in ihren Handys vertieft oder haben die Augen noch einmal zugemacht, bevor die neue Arbeitswoche beginnt. Leider haben wir uns an den Terror gewöhnt, wie schlimm das auch klingen mag. Bei dem Anschlag am Freitag in Jerusalem handelt es sich um den schlimmsten Anschlag seit 10 Jahren in der Stadt. Aber auch damit werden wir irgendwie fertig werden, so wie immer. In dieser Woche werden wir von den Lebensgeschichten der Opfer erfahren, mit den Familien trauern, um danach wieder mit unsrem normalen Alltag fortzufahren, wo wir uns dann wieder über die ganz normalen Probleme beschweren können. Ach, wie schön diese normalen Probleme des Alltags doch sind.

Ich wünsche Euch einen angenehmen Sonntag, genießt den freien Tag. Macht es gut. Shalom aus Israel!



Kategorien:Aktuelles, Der Blog

1 Antwort

  1. Kein Mensch wird mir blindem Hass geboren. Gegen blinden Hass kann man auch nicht gewinnen, ebenso wenig wie gegen Verblendung. Da helfen nur gegenseitiger Respekt. Am Ende sind es Menschen, um die es geht.

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: