Shabbat für alle

Guten Morgen liebe Leser!

Und nun ist er wieder da, der Freitag! Während es meinem jüngsten Sohn momentan völlig egal ist, welchen Tag wir haben, ist der Freitag für mich ein besonderer Tag, besonders, seitdem ich nicht mehr von zu Hause aus arbeite. Dabei war das Wochenende für meinen Sohn das wichtigste Ereignis überhaupt in den vergangenen zwei Jahren und acht Monaten. Aber jetzt ist er endlich wieder ein ganz normaler Zivilist. Seit seiner Entlassung aus dem Armeedienst genießt er die wiedergewonnene Freiheit. Für die Wiedereingewöhnung an das zivile Alltagsleben hat er sich einen Monat angesetzt. Dieser Monat ist bald zu Ende, dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Ich freue mich für ihn.

Da heute also Freitag ist, sitze ich nicht im Zug, sondern bequem in meinem Wohnzimmer und freue mich auf den Shabbat. Und genau das macht den Freitag zu einem so wunderbaren Tag. Diese ganze Vorfreude auf den Shabbat, den freien Tag nach einer intensiven Woche. Endlich haben wir Zeit, uns mit der Familie zu treffen, einen Ausflug zu machen oder uns einfach von dem Stress der Woche zu erholen.

Die Sache mit den Einkaufen zum Shabbat ist ein Problem geworden, seitdem ich in der Woche immer erst nach 19 Uhr nach Hause komme. Ich habe dann überhaupt keine Lust, an Einkäufe zu denken, sondern möchte einfach nur zu Hause sein. Wenn es etwas von der Post abzuholen gibt, so kann ich das nur am Freitag machen. Und für den Einkauf am Freitag habe ich nicht immer Lust, denn sehr viele ihren Einkauf am Freitagmorgen. Und das bedeutet lange Warteschlangen vor der Kasse, zu der ich überhaupt keine Lust habe. Seit einiger Zeit erlaube ich es mir, auf den Einkauf am Freitag zu verzichten, denn wir haben hier bei uns in Modiin auch die Möglichkeit, am Shabbat einzukaufen. In unserem neuen Stadtzentrum gibt es ein paar kleinere Supermärkte, die auch am Shabbat geöffnet haben. Einer von ihnen ist sogar ziemlich groß. Und so kam es, dass ich schon mehrere Male am Shabbatmorgen in die Stadt gefahren bin, um einzukaufen.

Einkaufen am Shabbat. Bild: Dov Eilon

In der Zeit, als wir in Jerusalem wohnten, hatte es diese Möglichkeit so gut wie gar nicht gegeben. Es gab vielleicht hier und da einen weit entfernten Minimarkt, zu dem ich gefahren war, wenn etwas ganz Dringendes fehlte. Aber normalerweise gab es so etwas nicht, das Einkaufen am Shabbat. Zu der Zeit, das gebe ich zu, habe ich immer etwas neidisch nach Tel Aviv geschaut, wo es immer Geschäfte gab, die auch am Shabbat geöffnet haben. Und jetzt haben ich dieses Privileg auch hier in Modiin, einer Stadt, in der der größte Teil der Bürger nicht religiös sind, in meinen Augen manchmal sogar zu anti-religiös.

Es ist also ein Dilemma. Was bleibt von Shabbat, wenn ich an diesem Ruhetag ganz normal Einkaufen gehen kann? Ist es in Ordnung, dass andere für mich am Shabbat arbeiten müssen, damit ich es bequem habe? Dazu muss ich erklären, dass niemand von seinem Arbeitgeber gezwungen werden kann, am Shabbat zu arbeiten, denn der Shabbat ist offiziel ein Ruhetag. Wer dann am Shabbat arbeitet, bekommt fast doppelt so viel bezahlt.

Ich selbst habe großen Respekt vor der jüdischen Tradition, bin aber nicht, was man als religiös bezeichnen kann, auch wenn wir am Freitagabend die Kerzen für den Shabbat anzünden. Jeder sollte eben so leben können, wie er es möchte, solange andere nicht dadurch zu Schaden kommen.

Der Shabbat ist und war immer ein wichtiges Thema in Israel. Und gerade jetzt, wo wir eine komplett rechte Regierung mit vielen religiösen Parteien bekommen werden, machen sich nun viele Sorgen darüber, ob sich etwas ändern wird. Werden die Geschäfte weiter am Shabbat geöffnet sein können? Eigentlich gilt das Gesetz, dass nicht a, sogenannten Status Quo geändert werden darf, wenn eine neue Regierung gebildet wird. Und ich denke, so wird es auch sein. Jedenfalls in Bezug auf die offenen Geschäfte am Shabbat. Das Versprechen von Noch-Verkehrsministerin Meirav Michaeli, wonach die neue Straßenbahn von Tel Aviv auch am Shabbat betrieben werden wird, wird wohl nur ein Versprechen bleiben. Keine Chance, dass es dazu kommen wird. Das wurde auch schon angekündigt.

Seitdem ich in Israel lebe, gibt es diese Diskussionen um den Shabbat. Die Säkularen wollen offenen Geschäfte und öffentliche Verkehrsmittel, die Religiösen bestehen darauf, den Shabbat einzuhalten und daran wird sich auch nie etwas ändern. Daher denke ich, dass alles so weitergehen wird, wie bisher. Es gibt sogar von einigen Städten betriebene Busse, die am Shabbat alle paar Stunden nach Tel Aviv fahren, umsonst. Damit möchte man den jungen Menschen ermöglichen, auch am Shabbat zum Ausgehen nach Tel Aviv zu fahren. Auch unser jüngster Sohn ist schon ein paar Mal mit diesem Bus gefahren.

Wir könnten uns jetzt ewig über dieses Thema unterhalten, eine perfekte Lösung wird es nie geben. Daher sollte alles so weitergehen, wie es war. Wer möchte, geht zum Einkaufen und wer nicht, begeht den Shabbat auf seine Weise. Der gegenseitige Respekt ist wichtig.

Freitagsatmosphäre auf dem Wochenmarkt gleich bei mir um die Ecke. Bild: Dov Eilon

Und jetzt wünsche ich Euch ein wunderbares Wochenende und einen gesegneten Shabbat. Nutzt ihn, wie Ihr es möchtet. Shabbat Shalom aus Modiin!



Kategorien:Aktuelles, Der Blog

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