Guten Morgen liebe Leser!

Wir haben wieder Donnerstag, die Woche neigt sich dem Ende entgegen, wieder ist es an der Zeit, sich auf das Wochenende und den Shabbat vorzubereiten. Es ist jetzt zehn Minuten vor acht und ich sitze wieder im Zug auf dem Weg zur Arbeit.
Ich bin noch nie so viel mit dem Zug gefahren wie in den letzten vier Monaten. Ich brauchte den Zug sonst immer nur, um zum Flughafen zu kommen. Meine Arbeit war in Jerusalem und bis vor ein paar Monaten gab es noch keine Zugverbindung zwischen Modiin und Jerusalem. So war ich täglich mit dem Bus gefahren, bis dann Corona unser Leben völlig veränderte.
Die letzten zwei Jahre hatte ich fast nur von zu Hause aus gearbeitet, bis auf einige Ausnahmen, als wir glaubten, Corona bereits hinter uns zu haben. Und nun habe ich einen neuen Abschnitt in meinem Leben begonnen, Jerusalem ist nicht mehr mein Lebensmittelpunkt. So etwas hätte ich mir früher gar nicht vorstellen können. Jerusalem ist meine Stadt, auch heute fühle ich mich noch als Jerusalemer und das wird wohl auch so bleiben.
Und nun fahre ich jeden Tag in die andere Richtung, nach Tel Aviv. Ich steige am Savidor Bahnhof aus, von dem ich gestern Abend ein kurzes Video veröffentlicht habe. Eine große Zahl von Menschen fährt täglich diese Strecke, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Ich habe Kollegen, die aus allen Teilen das Landes kommen, mit dem Zug. Aus Ashkelon im Süden, Beit Shemesh in den Bergen von Jerusalem und auch aus der Umgebung von Haifa im Norden. Auch aus Jerusalem kommen einige Kollegen von mir, mit dem elektrischen Schnellzug brauchen sie sogar ein paar Minuten weniger als ich, obwohl ich nur etwa die halbe Strecke fahren muss.
Bei uns wird jetzt auf die neue Regierung gewartet. Ich bin neugierig, was sich alles ändern wird. In dem letzten Jahr unter der Regierung von Lapid und Bennett gab es einige Veränderungen, die unser tägliches Leben noch teurer gemacht haben. So wurden zum Beispiel die Steuern auf Getränke mit viel Zucker deutlich angehoben. Ich weiss, es ist nicht gesund, zu viel Cola und ähnliches zu trinken, aber es hat uns dennoch gestört. Plötzlich kostete eine Flasche Cola, auch die Zero Version, die gar kein Zucker enthält, um die 2 Shekel mehr. Auch für Einweggeschirr wurden die Steuern abgehoben, Plastikbecher und -teller kosten jetzt fast doppelt so viel wie vorher. Ihr denkt jetzt sicher, dass es doch gut ist, weniger Plastikbecher zu benutzen, das ist gut für die Umwelt. Ja, das ist richtig, aber es war besonders für die Familien mit vielen Kindern ein schwerer Schlag. Damit meine ich die religiösen orthodoxen Familien. Dort wird sehr oft Plastikgeschirr benutzt. Wir leben hier eben in einer anderen Welt. Ich bin nicht überrascht, wenn Ihr mir jetzt nicht zustimmen werdet, aber für die Familien mit 5 und mehr Kindern ist es auch so nicht einfach.
Und jetzt kommen die religiösen und orthodoxen Parteien wieder an die Regierung. Gestern las ich in der Zeitung einen Aufruf von Ärzten an die kommende Regierung mit der Bitte, die Steuern auf gesüßte Getränke nicht rückgängig zu machen. Ich kann es ja verstehen, denke aber, dass sich die neue Regierung etwas ausdenken muss, um gegen die ganzen Preiserhöhungen vorzugehen.
Eigentlich haben wir ja viel ernstere Probleme als diese. Da gibt es zum Beispiel das Gesetz der Wehrpflicht bezüglich der orthodoxen Juden. Das ist ein großes Problem, dem ich vielleicht lieber einen eigenen Artikel widmen sollte. Unser Volk ist geteilt, daran wird sich in der nächsten Zukunft wohl auch nicht viel ändern. Und das ist unser größtes Problem.
Brauchen wir denn erst wieder eine Krise, einen Krieg oder was weiß ich, um wieder vereint zu sein? Denn in solchen Zeiten sind wir plötzlich wieder ein Volk. Wir sollten versuchen, das zu ändern. Beide Seiten, links oder rechts, religiös oder säkular, wir alle müssen unseren Teil dafür leisten. Mal sehen, wie es mit unserer nächsten Regierung sein wird.

Bild: Dov Eilon
Und jetzt muss ich schon wieder aus dem Zug steigen. Ich hoffe, ich habe euch mit meinen Gedanken nicht zu sehr gelangweilt. Habt einen schönen Tag. Shalom aus Israel!
Kategorien:Der Blog
Nein , keineswegs gelangweilt !
Und ich denke , das weisst du…:)
Du bist unser Mann am “ Puls des Volkes „… wie anders sollten wir “ Goyim“ denn für Israel beten ?
Und mit einem blossen “ Herr , segne Israel “ ist es ja nicht getan !!!
Darum danke fürs Teilhaben- lassen
שלום רב
Ursula