Shabbat Shalom – Berlin, Israel und der Schokopudding

 

Bericht-aus-Jerusalem.jpg

Hallo liebe Leser,

Heute ist schon wieder Freitag, am abend beginnen wir den Shabbat. Damit es an nichts fehlt, habe ich heute früh schon eingekauft, denn später werden die Supermärkte sehr voll sein. ich versuche , so gut es geht, günstig zu kaufen, suche immer die Angebote. Ein Produkt, was seit Wochen in den Schlagzeilen ist, ist der Schokopudding. Die Kinder lieben ihn und sicher auch einige Erwachsene. Bei uns in Israel heisst er “Milky”, leckerer Schokopudding mit Sahne oben drauf. Doch dann hat er den Israelis plötzlich nicht mehr geschmeckt. Seit ein in Berlin lebender Israeli die Preise eines Supermarktes in Berlin veröffentlichte ist hier der Teufel los ( hier ein Bericht des Spiegel Magazins ). Er berichtete, dass er für einen Becher Schokopudding nur 19 Cent bezahlen muss, während der Preis in Israel bei ca. 3 Shekeln liegt, also fast dreimal so viel ! Danach kamen Aufrufe , man solle doch nach Berlin auswandern, in Berlin lebende Israelis posteten ihre Lebenskosten dort und berichteten stolz , dass sie nicht mehr wissen, was es bedeutet, im Minus zu sein. Mitglieder der israelischen Regierung gefielen diese Posts gar nicht, einige bezeichneten den Aufruf , nach Berlin zu gehen und Israel zu verlassen, als Verrat . Wenn jemand nach Israel einwandert, so nennt man das auf Hebräisch  ” nach Israel aufsteigen”. Wenn jemand das Land verlässt heisst das auf hebräisch ” aus Israel heruntergehen”. Daran erkennt man dann schon, dass es nicht gut angesehen ist, das Land zu verlassen. Gestern hat der Israeli, der die ganze Diskussion auslöste übrigens angekündigt, dass er bald nach Israel zurückkehre, seine Facebookseite, die zum Umzug nach Berlin aufruft , hat er mittlerweile gelöscht.1280px-Milky_(pudding)

Foto : “Milky” Schokopudding

Aber ist es wirklich nur der Preis des Schokopuddings, sind es nur die hohen Lebensmittelpreise, die  viele Israelis dazu veranlassen, das Land verlassen zu wollen ? Meine Antwort ist nein. Es geht hier nicht nur um die Preise der Lebensmittel. Ein grosses Problem sind die hohen Wohnungskosten. Es ist heute für junge Leute sehr schwer, wenn nicht sogar unmöglich, eine Wohnung zu kaufen. Früher konnten sie sich noch auf die Hilfe ihrer Eltern verlassen, aber das ist heute vorbei. Der Mittelstand in Israel rutscht immer weiter nach unten. Das Mieten von Wohnungen ist fast nur von privaten Eigentümern möglich. Es gibt hier keine Unernehmen, die Wohnungen vermieten, so wie in Deutschland. Auch gibt es keinen Mietschutz wie ihr ihn in Deutschland kennt. Der Eigentümer kann den Mietvertrag jederzeit kündigen, natürlich mit einer gewissen Frist im Voraus. Auch sind die Mieten nicht billig, sie sind meistens noch höher als die monatlichen Abzahlungen einer Eigentumswohnung. Das Problem ist aber, dass die jungen Leute nicht das benötigte Anfangskapital, ca 25-30 % des Wertes der Wohnung, vorweisen können.

Ein anderes Beispiel, vielleicht nicht so wichtig, auch der Umwelt zuliebe, sind die Preise für Autos. Wären die öffentlichen Verkehrsmittel besser organisiert, könnte man vielleicht auf das Auto verzichten , ich fahre immer mit dem Bus nach Jerusalem, aber nicht jeder hat eine gute Verbindung. Auf Autos gibt es Steuern in Höhe von 83% , das bedeutet, dass die Autos hier fast doppelt so teuer sind wie in Deutschland.

Ich komme zum nächsten Punkt : Das Kindergeld . In Israel bekommt man für ein Kind 160 Shekel ! In Deutschland bekommt man die gleiche Summe, aber in Euro !!

Sudiengebühren : Die Kosten für das Studium an einer Universität liegen bei ungefähr 10500 – 14000 Shekel pro Jahr ! In Deutschland sind die Sudiengebühren wieder abgeschafft worden, also umsonst !

Und jetzt noch ein paar Beispiele . Der Eintritt in ein Schwimmbad kostet in Israel zwischen 50 – 120 Shekel ! Pro Person ! Im oldenburger Olantis Freibad habe ich für meine ganze Famile gerade mal 16 Euro bezahlt !

Zahlungen für sie Schule – Obwohl wir in Israel eigentlich ein freies Schulsystem haben , erlauben sich die Schulen dennoch, mit Genehmigung des Kultusministeriums, alle möglichen Gebühren zu erheben, darunter sind die Kosten für Schulausflüge, besondere , zusätzliche Lehrprogramme, Lehrmaterial usw. . Für meine beiden Kinder, die noch in der Schule sind, muss ich dieses Jahr um die 3300 Shekel berappen, dazu kommen die Schulbücher, insgesamt also rund 5000 Shekel pro Jahr für 2 Kinder. Und wenn man an einer berufsorientierten Schule lernt, kann es noch teurer werden. Für meine ältesten Sohn habe ich damals ca. 2700 Shekel bezahen müssen , die Schulbücher dann noch dazu. Der Strom und das Wasser sind teuer, dann noch die Gebühren für die Stadt, an die Stadt modiin muss ich jährlich um die 6600 Shekel zahlen. Das heisst, es kommt da einiges zusammen. Es ist nicht einfach, den Monat über die Runden zu bekommen. Die Gehälter sind seit jahren nicht erhöht worden, die Preise dafür um so mehr ( hier ein Beitrag der Tagesschau über des Thema ).

Es muss wirklich etwas drastisches geschehen, um die Lage hier zu verbessern und den jungen Menschen ein Leben zu ermöglichen ohne die Sorge , in die Armut zu rutschen. Das ist der Regierung durchaus bewusst, so hat der Finanzminister Lapid ein Gesetz angekündigt, was jungen Menschen die Möglichkeit geben soll, neue Wohnungen bis zu eunem gewissen Wert ohne Mehrwertsteuer kaufen zu können. Dieses Gesetz ist sehr umstritten und viele Finanzexperten meinen, dass dieser Schritt die Preise nur noch weiter in die Höhe treiben würde, da diese Regelung ja nur einen kleinen Teil der angebotenen Wohnungen betreffe. Supermärkte werben , dass sie ihre Preise senken, aber eben nicht für alle Produkte, so dass man im Durchschnitt immer noch sehr viel bezahlt. Der Weg zu einer Verbesserung ist meiner Meinung noch lang. Die Probleme Israels , vor allem die Sicherheitsprobleme und der Konflikt mit den Palästinensern, kosten dem Staatshaushalt sehr viel Geld.

Aber in Israel lernt man als erstes den Satz : ” Jehihe Beseder “( יהיה בסדר)  , das bedutet : “Alles wird gut ” .

In diesem Sinne wünsche ich euch ein schönes Wochenende und meinen jüdischen Freunden “Shabbat Shalom” !



Kategorien:Der Blog

Kommentar verfassen

Entdecke mehr von Israel Direkt

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen